Auf Safari in Südafrika

Die luxuriös umgebauten Unterkünfte in der Weingegend der Kapregion beispielsweise, im Schatten von Flamboyantes. Jacarandas und Palmfarnen, inmitten von bunten Blütenmeeren aus Hibiskus, Blutlilien und Azaleen erbaut, haben unverkennbar europäischen Charakter. Sie sind im viktorianischen oder kapholländischen Stil eingerichtet, mit großen Kaminen, dicken Teppichböden, schweren Vorhängen, mächtigen Sofas und goldenen Tapeten ausgestattet. An den Wänden hängen Stiche von Fuchsjagden und Londoner Postkutschen, zum Dinner wird klassische Musik gespielt, und wenn dann ein aufmerksamer (natürlich noch immer schwarzhäutiger) Kellner auf einem silbernen Tablett den Portwein serviert, glaubt man, die britisch-burische südafrikanische Union sei niemals untergegangen.

Betörende Idylle

Das Gefühl, ohne „Bodenhaftung“ zu reisen, hat man oft in Südafrika. Das Land verstört seine Besucher nicht mit einer irritierenden Fremdheit, sondern umfängt sie mit einer beruhigenden Vertrautheit. Auch deshalb ist Südafrika bei Europäern und US-Amerikanern so beliebt. Doch es ist immer noch Afrika, auch das wilde, gefährliche Afrika, denn der Löwe, der im Kruger National Park bewegungslos im Gras liegt und scheinbar apathisch die Annäherung ganzer Wagentrupps mit fotografierenden Touristen duldet, wartet nur auf die Chance zu töten, die Hyäne, die sich hinter einem Busch duckt, verschmolzen mit den Farben der Savanne, wartet nur auf den Augenblick einer Unachtsamkeit der grasenden Gazelle, und der mächtige Elefantenbulle, der mit erhobenem Rüssel aus der Herde mit Kleintieren tritt, droht unübersehbar, die Fluchtdistanz einzuhalten. Es ist eine irritierende Erfahrung, „auf Safari“ mitten in der ungezähmten Natur zu sein, aber sie dennoch nur von außen (besser: aus der Sicherheit eines Safari-Busses) zu betrachten, das Abenteuer wie ein Bühnenstück zu erleben und sich dennoch nicht der ungeheuren Faszination eines Landes entziehen zu können.

Immerhin wurde der Gedanke des Tierschutzes in Südafrika bereits 1895 durch die Unterzeichnung eines Aufrufs Präsident Krügers konkretisiert, in dem untersagt wurde, in dem Gebiet zwischen dem Crocodile River im Süden, dem Sabie River im Norden, der Drakensbergkette im Osten und der Lebombo-Bergkette im Westen wilde Tiere zu jagen und zu töten. Im Jahre 1902 wurde das Sabie Game Reserve einem Obersten Jagdaufseher unterstellt, der diesen Posten bis zu seiner Pensionierung 1946 behielt - James Stevenson-Hamilton, schottischer Gutsherr und Major der 6. Dragoon Guards, die in Südafrika eingesetzt wurden. Dieser Mann war zwar ohne Erfahrung im Schutz von bedrohten Tierarten, setzte jedoch die strikte Einhaltung der Gesetze gegen das Wildern durch. Er erhob Anklage gegen einen weißen Polizeioffizier, der ein Gnu erlegt hatte, so dass dieser zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Im Jahre 1903 standen bereits drei weiße und fünfzig schwarze Wildhüter unter seinem Befehl. Schon bald hatte er seinen Spitznamen "Skukuza" ("der Mann, der alles sauber hält"), heute der Name eines Hauptcamps im Krüger National-Park.

Die Safari-Nationalparks in Zulu/Natal

Die größte Ansammlung von Tierschutzgebieten findet man in der Region Zulu/Natal. Das ist das Mkuzi Game Reserve (Mkhuze Game Reserve), das sich als relativ offene, flache Baumsavannen-Landschaft zwischen der gewaltigen Lebomo-Bergkette im Westen und dichten Uferwäldern im Osten erstreckt. Wenn man der Piste ostwärts folgt, kommt man an hohen Fieberbäumen vorbei zur Nsumo-Pfanne. Nicht weit entfernt befindet sich ein Picknickplatz mit Ansitz, von demaus man Vögel und Flusspferde beobachten kann. Vom Patrkplatz führt ein Fußweg durch einen Wald wilder Feigenbäume (Sykomoren). 

Da ist auch der Hluhluwe-iMfolozi Park, 1895 gegründet, der seinen Namen nach dem Zuluwort für die zu den Schmetterlingsblüten gehörende dornige Schlingpflanze herleitet. Die reivolle Landschaft, vom tief eingeschnittenen Tal des Hluhluwe und anderen Flüssen durchzogen, ist grüßtenteils Hügelland und im Norden, auf den Höhen und an den Flussläufen dicht bewaldet. Ansonsten besteht das Gebiet aus parkähnlicher Savanne mit Buschwerk und Grasland. Das Hluhluwe Game Reserve bildet seit 1989 mit dem Umfolozi Game Reserve eine umfassende Einheit. Vom Hilltop Camp in 450 Meter Höhe genießt man einen herrlichen Panoramablick über das Land.  

Am Spätnachmittag finden wir an einer Flussbiegung, vom warmen Licht der Sonne übergossen, eine Gruppe Büffel. Sowohl in offener Savanne wie in Waldgebieten kann man diese Tiere antreffen, die zu den gefährlichsten Afrikas gehören. Sie sind geradezu das Sinnbild geballter Kraft und suchen ein fruchtbares Revier in Wassernähe, wo sie nachts äsen und während der heißen Tageszeit unter einem Baum ruhen oder sich im Schlamm suhlen können. Büffel besitzen breite, nach außen gebogene Hörner, die in der Mitte fest zusammengewachsen sind und einen Wulst um die Stirn bilden. Von zehn Kämpfen mit Löwen, sagen die Experten, enden drei für sie tödlich, einer tödlich für den Löwen und sechs gehen ohne Sieger aus

Der iSimangaliso Wetland Park (der ehemalige Greater St. Lucia Wetlands Park) liegt an der Küste und umfasst fünf verschiedene Ökosysteme. Mit Booten fährt man an Flusspferd- und Krokodilkolonien vorbei und bestaunt riesige Bestände an Flamingos und Pelikanen. Ein Großteil des Gebietes rund um die Seenplatte besteht entweder aus Schilfgründen und Sümpfen oder aus Sandwäldern. Offenes Grasland und Küstendünen-Wälder sind charakteristisch für die als Eastern Shores Nature Reserve bekannte Gegend, einer schmalen Landzunge zwischen dem 60 Kilometer langen, bis zu 10 Kilometer breiten und nur bis zu 1,50 Meter tiefen Lake St. Lucia und dem Indischen Ozean als Teil des gesamten Wildreservats von St. Lucia.

Es gibt in Süd-Afrika sehr luxuriöse private Tierparks. Das private Phinda Private Game Reserve beispielsweise wurde erst 1992 eröffnet und liegt inmitten einer beeindruckenden Landschaft. Phinda bedeutet in der Sprache der Zulu »Zurück zur Natur«, und tatsächlich gibt es hier, wo sieben verschiedene Ökosysteme von den Umombo-Bergen bis zum Ufer des Indischen Ozeans wie Gesteinsschichten übereinander lagern, einen Tierreichtum, der seinesgleichen sucht. Das Reservat ist ein Modell für den Öko-Tourismus, besitzt eine atemberaubende Gebirgslandschaft, aber auch flache Buschlandschaft, dichtbewaldete Täler und Flusswälder. Neben Pirschfahrten im offenen Landrover kann man Bootsfahrten auf dem Mzinene River unternehmen oder in einem Kanu auf diesem Gewässer paddeln. Fahrten werden auch zu dem benachbarten Lake Sibaya und zur Ensumo Pfanne mit ihrer außerordentlichen Vielfalt an Vögeln angeboten. 

Auch das relativ kleine Itala Reservat (Ithala Game Reserve) bietet luxuriöse Unterkünfte, Tagestouren und einen Wilderness Trail. An Tieren findet unter anderem Weiße und Schwarze Nashörner. Das Ntshondwe Camp liegt am Fuße eines imposanten Steilhanges und fügt sich sanft in die Landschaft mit Felsblöcken und Feigenbäumen ein. Daneben gibt es Buschcamps für Selbstversorger.

Auf der Gartenroute

Von der Wäldern zu Füßen der Tsitsikamma Mountains (nach einem Khoikoi-Wort = Ort der vielen Wasser) geht ein Zauber aus, »wie er nicht von dieser Welt sein mag, von der Welt, wie wir sie nur wahrnehmen und kennen können«, schrieb der Schriftsteller John R. R. Tolkien, der sich hier die Inspirationen für sein Fabelbuch »Herr der Ringe« holte. Der Tsitsikamma National Park, der sich durch immergrüne Schluchten längs des Storms River hinzieht, ist seit 2009 Teil des Garden-Route-Nationalparks. Er beherbergt mehr als 100 Arten der einheimischen Bäume; einige liefern seltene und schöne Nutzhölzer wie das Stinkwood (Erlenholz) und das Yellowwood (Gelbholz), das vor allem für Möbel, Fußböden und Zimmerdecken verwendet wird. Die mindestens 200 Jahre alten Stinkwood-Bäume, die ihren Namen von dem etwas unangenehmen Geruch des frisch geschnittenen Holzes haben, besitzen braungelbe bis nahezu pechschwarze Farben. Mitten im Park steht ein gigantischer Yellowwood-Baum (37 Meter hoch), der 800 Jahre alt ist.

Über den Storms River spannt sich in einem einzigen Bogen von 190 Meter Länge die Paul Sauer Bridge, von der man eindrucksvolle Rundblicke auf die Berge und einen Blick in die 130 Meter tiefe Schlucht genießt. Hinter der Brücke führt eine Nebenstrecke zum Parkeingang des Parks, der sich über viele Kilometer mit atemraubenden Ausblicken auf den wallenden Gürtel mit dichtem Buschwerk und rauschenden Bergflüssen zu den schroffen Meeresklippen erstreckt. Direkt am Storms River Mouth befindet sich die große Anlage des »Rest Camp«, das sich als eine großartige Terrassenanlage mit geräumigen Bungalows, einem Laden- und Restaurantkomplex, Schwimmbad und Informationskiosk sowie gepflegten Park-, Zelt und Caravanplätzen präsentiert. An den flachen Küstenabschnitten gibt es wunderschöne Lagunen. Der weiße Sandstrand und die Bilderbuch-Lagune an der schmalen Mündung des Grootriver Deltas erstreckt sich vor dem Hintergrund wolkengekrönter hoher Tsitsikamma-Berge und ist Endpunkt des beliebten Otter Trail. Farne, Heidekraut und Proteas bedecken wie ein grünes Polster die steile Küste. Orchideen, Ericas und viele Lilienarten blühen an Böschungen und Teichen. 

Inmitten einer fünf Seen und fünf Flüsse umfassenden Süßwasserseenlandschaft in unmittelbarer Nähe zum Indischen Ozean befindet sich der Wilderness National Park mit einem durch hohe Dünen begrenzten kilometerlangen goldfarbenen Sandstrand, der sich bis zur Mündung des Touw River hinzieht und zu den schönsten an der Ferienküste zählt. 

Hier kann man auch den nostalgischen Zug Choo Tjoe Train sehen, wenn er über eine alte Brücke dampft.  

Schwarzes Südafrika ohne Touristen

Nochmals zurück entlang grasbewachsener Hügel und kleiner Siedlungen der Xhosa zur Wild Coast. Wild und ungezähmt bestürmt der Ozean die Küste, zermahlt er die Felsen aus Sandstein zu feinem Sand, hämmert er gewaltige Tunnel und Krater in die trutzigen Klippen. Gewaltige Wellenbrecher legen dem Betrachter einen Saum weißer Schaumkronen zu Füßen, der sich an hohen Felsen bricht und auf seinem Rückzug ins Meer schillerndes Grün erkennen lässt. Wind und Wellen haben in der gezeitengeschützten Zone direkt vor der Mündung des Mpako River eine hübsche Insel gegraben. Die Xhosa bezeichneten den 20 Meter langen Schlund, durch den die Wellen tosen, um sich an den trutzigen Klippen zu brechen, als esiKhaleni »Ort des Klanges«, denn hier pfeift häufig der Wind durch das Loch und singt sein Lied. Das natürliche Felsentor steht für ein trauriges Kapitel in der Geschichte der Xhosa. Hier hatte 1856 das Xhosa-Mädchen Nongquase die Eingebung, durch das »Hole of the Wall« kämen die Geister toter Xhosa-Krieger, um alle Weißen zurück ins Meer zu treiben, wenn das gesamte Vieh getötet und die Felder abgebrannt würden. Der Rat der Alten schenkte der jungen Frau Glauben. Eine Katastrophe gewaltigen Ausmaßes bahnte sich an, denn nach dem Massen-Exodus von 30.000 Rindern verhungerten viele Xhosa erbärmlich. Die Briten schlossen zwar daraufhin ihre Missionsstationen, doch die folgende Hungerkatastrophe kostete etwa 25.000 Menschen das Leben.

Es ist wahrscheinlich dieses, und nicht das »weiße« Südafrika, dem - in der Sprache der Xhosa – eine Textzeile der Nationalhymne gilt: »Sikelel’ ulimo nemfuyo – Segne, oh Herr, das Land und seine Tiere«. Ich verlasse Südafrika mit gespaltenem Gefühl, beeindruckt von seinen landschaftlichen Reizen, verwirrt von seiner Vertrautheit, doch in der Ahnung, in Afrika gewesen zu sein, ohne es wirklich berührt zu haben. Die Schatten der Vergangenheit werden länger, die Zukunft hat auch hier längst begonnen. Bleiben wird die Erinnerung an ein Afrika, das mir möglicherweise erlaubte, wenigstens einen Zipfel des Geheimnisses zu erhaschen, das die Welt im »Land des Regenbogens« birgt.

 

Dem Schutz der letzten 11 Elefanten in der östlichen Kapprovinz dient der 1931 gegründete Addo Elephant National Park, ein Stück Wildnis mit heute wieder 400 rötlich-braune Elefanten. Der Park bedeckt ein weites Buschland mit Gestrüpp und Kletterpflanzen sowie niederem Buschwerk. Er verzeichnet die höchste Konzentration großer Säugetiere im ganzen Land. 

 

© Rainer Waterkamp

Der Zweiländer-Nationalpark in der Kalahari

 

Auf dem Weg zum Zweiländer-Nationalpark kann man einen von Touristen selten besuchten Nationalpark besuchen. Bei den Augrabies Falls, von den Khoikoi Aukoerebis (=Ort des großen Lärms) genannt, hat sich der Oranje River in etwa einer Milliarde Jahre tief in die alten Granit- und Gneisfelsen eingegraben. Die Wasserfälle im Augrabies Falls National Park (100 qkm) zählen zu den 6 größten Wasserfällen der Welt. Auf einem Felsvorsprung stehend sieht man unter sich die kochende Schlucht; das lehmfarbene Wasser zerstiebt zu weißen Wolken und über allem schwebt ein herrlicher Regenbogen.

Bokspits, Dünen
Bokspits, Dünen

Twee Rivieren heißt »zwei Flüsse«. Der eine, der Nossob River, auf den meisten Landkarten groß und breit eingezeichnet, entpuppt sich als Gelegenheitsfluss, dessen Bett in den meisten Zeiten nur am dichteren Bewuchs zu erkennen ist. Der zweite der Flüsse, der Auob, verwandelt seine Ufer nur alle zwei, drei Jahre in blühende Hänge. Auch er ist fast immer nur eine leere Versprechung. Dafür sieht man im aus dem südafrikanischen Gemsbok Kalahari Nationalpark und dem botswanischen Gemsbok National Park 1999 entstandenen Kgalagadi National Parks (38.000 qkm) überall Dornbüsche, die vor Trockenheit zu knistern scheinen. Zwischen den »Flüssen« liegen in einer Gegend, die als Inner Veld bekannt ist, die Sanddünen der Kalahari, so rot wie das venezianische Rot auf der Palette eines Malers. Vereinzelt sieht man das silberne Büschelblatt, den Schafhirtenbaum und den Grauen Kameldorn. In den Kameldornbäumen, die eigentlich »Giraffendorn« heißen müssten, denn »kameelperd« bedeutet in Afrikaans Giraffe, befinden sich die riesigen Nester der Siedelweber, eine der rund 215 verschiedenen Vogelarten des National Parks. 

Das Drama um Leben und Tod

Und so ist denn auch der „kill“ der letzte Hit eines Foto-Touristen in Afrika. Wir sind sehr früh im Kgalagadi Transfrontier Park im äußersten Norden Südafrikas unterwegs, der 1999 aus dem Kalahari Park und dem angrenzenden Gemsbok National Park in Botswana entstand. Vereinzelt sehen wir das silberne Büschelblatt, den Schafhirtenbaum und den Grauen Kameldorn. In den Kameldornbäumen, die eigentlich "Giraffendorn" heißen müssten, denn "kameelperd" bedeutet in Afrikaans Giraffe, befinden sich die riesigen Nester der Siedelweber-Vögel.

Plötzlich lag der Tod in der Luft. Es war, als wir ein Rudel Löwen entdeckten und diese offenbar Witterung aufnahmen. Sie spitzten die Ohren, begannen, nach allen Seiten auszuschwärmen und ihre Positionen ein zu nehmen, wo sie verharrten wie Statuen. Jedem war klar, dass gleich etwas Dramatisches geschehen würde. Dann brach die Hölle los. Ein panischer Hufschlag, der verzweifelte Fluchtversuch einer Streifengnu-Herde, plötzlich aus allen Richtungen heranspringende Löwen, der schrille Todesschrei des Opfers, und dann sahen wir nur noch ein wirbelndes Knäuel fauchender Löwenleiber über einem getöteten Gnu, das gierig verschlungen wurde. Als sich die Löwen hinlegten, um die blutverschmierten Mäuler zu lecken, und die ersten Geier als ständig gegenwärtige Totengräber der Savanne auftauchten, herrschte Todesstille - und erst jetzt begriff jeder von uns, was er soeben erlebt hatte - es war ein Kapitel aus dem ewigen Drama um Leben und Tod.